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Ein absolutes Highlight des alljährlich im September in Diamante (Kalabrien) veranstalteten Peperoncino-Festivals ist das Campionato italiano mangiatori di peperoncino – die italienische Meisterschaft im Chili-Wettessen. Am Freitagabend findet auf der Piazzetta San Biagio die große Endausscheidung 2002 statt.(Anmerkung: Auch über Folgejahre werden wir Sie auf dem Laufenden halten |
Die Stuhlreihen vor dem hell erleuchteten Podium reichen längst nicht für alle Interessierten; die Zuschauer drängen sich die Straße entlang und auf umliegenden Treppen und Balkons. Mehr als 1000 Menschen und das Lokalfernsehen verfolgen das Spektakel, das vom bekannten italienischen Kabarettisten Gianni Pellegrino – unterstützt von zwei charmanten Assisteninnen – humorvoll moderiert wird. |
Bierernst geht’s jedoch bei den Regeln und Vorbereitungen zu. Auf dem Jurorentisch vor dem Podium steht eine geeichte Waage, und aus einer riesigen Schüssel mit geschnitzelten scharfen roten Chilis werden unter den wachsamen Augen eines lokalen Rechtsanwalts ein paar Dutzend Plastikteller mit exakt 50 Gramm Chilis abgefüllt.Der bisherige Rekord steht bei 760 Gramm – wird er diesmal gebrochen? Die Wettkampfteilnehmer haben dafür 30 Minuten Zeit. |
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Punkt 22:00 Uhr stellt der Moderator die fünf Teilnehmer vor, die es ins Finale geschafft haben. Eigentlich sind es nur vier – womöglich leidet Nummer fünf noch unter den Folgen der Vorausscheidungen?
Die anderen vier sind übrigens keineswegs verrückte Teens, sondern eine Dame und drei Herren mittleren Alters. Nacheinander schildern sie, wie sie sich aufs Finale vorbereitet haben. |
Franciosa Vita zum Beispiel schwingt eine kesse Lippe, hat sich schon mal mit 500 Gramm Chilis warmgegessen, erzählt sie. Kandidat Nummer vier trumpft auf, er habe kürzlich in Mexiko bei einem ähnlichen Wettessen 100 Jalapeno-Chilis verputzt. Ob das hilft? Die anderen zwei Kandidaten, Adriano Gatto und Mario la Viola, geben sich eher wortkarg, wirken voll konzentriert. |
Im Publikum herrscht gebannte Spannung – die Kandidaten bekommen ihren ersten Chili-Teller vorgesetzt. Einzige Beigaben: Olivenöl, damit’s besser rutscht, und etwas Brot.Wieviele solcher Teller werden die Kandidaten schaffen? |
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Dann fällt das Startsignal, jetzt haben sie exakt 30 Minuten, soviel scharfe Schoten zu verputzen wie möglich. Alle löffeln, als hätte es tagelang nichts zu essen gegeben. Die Zuschauer fiebern mit. Werden alle Kandidaten bis zum Schluß durchhalten? |
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Sieht nicht so aus. Nummer vier legt bereits nach dem ersten Teller den Löffel weg – „der Magen“. Womöglich Spätschäden von 100 Jalapenos?Zugestandenerweise sind die Wettkampf-Chilis wirklich sehr, sehr scharf. Renate und ich hatten Gelegenheit, die Schoten zu kosten. Wir essen selbst gerne „hot“, aber pur hätten wir davon keinen Teller voll verdrücken mögen … |
Brot ißt kaum einer, denn die Uhr läuft, und die drei verbliebenen Teilnehmer löffeln noch immer im Akkord. Abwechselnd heben sie die Hand, und die beiden Chili-Hostessen reichen sofort Nachschub. Frau Vita, eigentlich unser aussichtsreichster Kandidat, löffelt die geschnippelten Schoten mit vollen Backen echt rekordverdächtig rein, aber nach vier Tellern ist Feierabend. Etwas blass gibt sie vorzeitig auf. 200 Gramm feurige Chilis pur sind trotzdem eine saubere Leistung, und der Beifall des Publikums ist ihr sicher. |
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Jetzt wird aus dem Wettkampf ein spannendes Kopf-an-Kopf-Duell, die Jury schaut genau hin und das Publikum feuert die beiden an. Die scheinen jedoch überhaupt nichts mehr wahrzunehmen, löffeln nur.Abwechselnd heben die beiden Männer alle paar Minuten die Hände für Nachschub, und als die 30 Minuten um sind, haben beide 12 Teller voll feuriger Peperoncini gegessen, und schon etwas von Teller Nr. 13 gelöffelt. Wer ist also der Sieger? |
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Es bleibt spannend bis zum Schluß – der Anwalt wiegt unter dem kritischen Blick der Jury und der Öffentlichkeit die Reste aus. Ein Zuschauer in der vorderen Reihe will es ganz genau wissen und moniert lautstark, dass sich auf den Tellern ja auch noch Olivenöl befände.Nach einem temperamentvollen Disput gießt der Anwalt schließlich vorsichtig die paar Tröpfchen Öl ab, die jeder der beiden Teller hergibt und wiegt noch einmal. |
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Nun steht es fest: Der 2002er Champion heißt Mario di Viola, mit 626 Gramm feuriger Chilis siegt er knapp vor Adriano Gatto, der es auf 602 Gramm gebracht hat. Keinen der beiden beneiden wir um die „Sitzung“ am nächsten Tag. Die Veranstalter haben es blendend verstanden, aus dem Wettessen eine 90-minütige gleichermaßen spannende und unterhaltsame Show zu machen – ein echter Höhepunkt des Peperoncino-Festivals.Update 2004: Der Rekord wurde gebrochen – siehe hier! Weiter geht’s im nächsten Beitrag mit der Suche nach den Peperoncinos. Wo wachsen sie? Welche Sorten gibt es?Übersicht  voriger nächster   |
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