Das geräucherte Chili-Pulver aus Spanien – Pimentón de la Vera
Seit Jahrhunderten wird in La Vera in der westspanischen Provinz Extremadura ein einzigartiges Gewürz hergestellt, das Weltruhm erlangt hat: das geräucherte Chili-Pulver Pimentón de la Vera. Was aber hat dieses delikate Gewürz mit Eicheln zu tun? Dazu später mehr.
Es ist allgemein bekannt, dass Columbus von seiner zweiten Reise 1493 Chilis mit nach Spanien brachte (siehe „Danke, Chris!“), aber wer hat sie als erster zum Würzen von Speisen benutzt? Vermutet wird, das Mönche des Klosters von Guadalupe in Extremadura die ersten waren, die die kulinarischen Vorzüge der scharfen Schoten erkannten; sie waren für ihre hervorragende Küche bekannt. Dies wäre im Einklang mit der Theorie von Lebensmittel-Historikern, denen zufolge Chilis zuerst in Klostergärten angebaut wurden und von reisenden Mönchen über Spanien und ganz Europa verbreitet wurden; spanische und portugiesische Händler brachten sie wenig später nach Afrika, Indien und Asien. Innerhalb von weniger als 100 Jahren, nachdem Kolumbus sie nach Spanien brachte, hatten sich Chilis rund um die Welt ausgebreitet und unzähligen regionalen Küchen Feuer veliehen.
Was aber passierte mit den Chilis in Spanien? Warum entwickelte sich die spanische Küche weniger feurig als die von Indien, oder selbst Ungarn? Genau weiß dies niemand. Genau wie in Italien gibt es einige ziemlich scharfe Gerichte, aber Chilis wurden hier nicht derart dominant. Das heißt, mit einer Ausnahme, und zwar dem westlichen Teil der Region Extremadura – genau dort also, wo sie zuerst auftauchten. Brennpunkt sozusagen ist das Tal von La Vera, wo Chilis („Pimientos“) angebaut und geräuchert werden, um daraus eine weltberühmte Spezialität herzustellen:
Pimentón de la Vera.
Es wird angenommen, dass auch die Pimentón-Tradition in La Vera von Mönchen ins Leben gerufen wurde, und zwar ebenfalls bereits im 16. Jahrhundert. Laut Janet Mendel, Autorin des BuchesTraditional Spanish Cooking, begann alles, als Kaiser Karl I im Jahre 1555 den Spanischen Thron verließ und sich als letzten Wohnsitz Kloster Yuste (Cuacos de Yuste) auserkor, wo er sich sehr fürPimenton begeisterte. Er empfahl es seiner Schwester, Königin Maria von Ungarn, und auf diese Weise sollen die feurigen Früchte ihren Weg in den Balkanstaat gefunden haben (andere Quellen besagen, dass dies erst später durch die Türken geschah).
Über Jahrhunderte hinweg teilten die Mönche ihr Geheimnis über den Anbau und die Verarbeitung der Chilis mit regionalen Bauern. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurden deren Pimientos im großen Stil angebaut und zu Pimentón verarbeitet. Heute ist diese Spezialität die wichtigste Einnahmequelle der Region, und das berühmte geräucherte Chilipulver genießt sogar Denominación de Origen, internationalen Markenschutz aufgrund seines Herkunftsgebietes (d. h. so wie Roquefort-Käse aus Roquefort stammen muß, oder echter Champagner aus der Champagne, muß Pimentón de la Veraaus eben diesem Tal der westspanischen Provinz Extremadura stammen).
Pimentón de la Vera ist mehr als ein Gewürz: Es ist der Stolz der Region.
Hier präsentiert Cecilio Oliva geräucherte Paprika-Schoten, wie sie für seine
Marke „La Chinata“ verwendet werden.
Dass Chilis in La Vera besonders gut gedeihen, ist kein Zufall. Durch diese von der Natur bevorzugte Region fließt der Tiétar, und das Mikroklima im Tal hat die Gegend äußerst fruchtbar gemacht. Es gibt heiße Sommer (über 30°C) und kalte Winter.
Anfang März werden die Pimenton-Samen in Gewächshäusern gesät; im Mai kommen die Setzlinge dann ins Freiland auf die ausgedehnten Terrassenfelder. Hier bekommen die Chili-Pflanzen reichlich Sonnenschein. Die Ernte im Oktober geschieht auch heute noch traditionell von Hand.
m Anbau sind verschiedene Sorten, deren Schärfe und Aroma die drei charakteristischen Varianten von Pimentón de la Vera bestimmen:
- Dulce: mild, starke Süße. Aus den Sorten Bola und Jaranda hergestellt.
- Agridulce: pikant. Aus den Sorten Jaranda und Jariza hergestellt.
- Picante: sehr scharf. Aus den Sorten Jeromín, Jariza und Jaranda hergestellt.
Die Früchte, deren Schärfe auf der Brenn-o-meter-Skala je nach Sorte zwischen 0 und 4 liegt, werden nach der Ernte über Eichenholz geräuchert und während des Trocknens täglich umgeschichtet, bis Aroma, Geschmack und Farbe stimmen.
Anmerkung: Im Amtsblatt der Europäischen Union ist nicht von Chilis, sondern Paprika die Rede; die Begriffsverwendungen sind jedoch fließend und in diesem Fall austauschbar. Mehr zum Begrifflichen hier.
Nun zu den Eicheln…
Und das ist auch das Geheimnis der Eicheln: Diese, so erzählt uns Cecelio, stammen von der Schwarzeiche. Mit ihnen werden die für die Region typischen Schwarzfuß-Schweine (pata negra) gefüttert, die den klassischen luftgetrockneten Schinken liefern. Und das harte Holz dieses Baumes wird zum Räuchern der berühmten Pimenton-Schoten verwendet.
Während einige Sorten längliche Schoten haben, kommen auch solche mit runden Chilis zum Einsatz, die ähnlich wie die mexikanische Cascabel aussehen und in getrocknetem Zustand ähnlich rasseln (siehe Bilder rechts).
In speziellen Räucher-Häusern liegen die Schoten eine Woche lang auf Rosten und werden vom Eichenholzrauch durchzogen. Das konserviert sie zusätzlich und verleiht ihnen ihr einzigartiges rauchiges Aroma. Mehrmals werden sie während dieser Zeit vom erfahrenen Räuchermeister gewendet.
Die trockenen geräucherten Schoten werden dann in Steinrad-Mahlwerken zu braunrotem, feinem Pulver zweifach vermahlen und in den typischen Blechbüchsen verpackt, die das delikate Aroma besonders gut bewahren. Qualität und Reinheit werden auf jeder Büchse durch ein Siegel garantiert, das die Herkunftsbezeichnung Denominación de Origen Pimentón de la Vera dokumentiert.
Seit jeher ist Pimentón eine wichtige Zutat der traditionellen Extremadura-Küche. Als natürlicher Konservierungsstoff und Gewürz bei Hausschlachtung und Herstellung von Wurstwaren war er einst so wichtig, dass er als „Rotes Gold“ bezeichnet wurde.
Viele Gerichte der Region sind vom Würzen mit Pimentón geprägt. Die Lamm- und Zickleingerichte zum Beispiel unterscheiden sich hier von denen aus anderen Teilen Spaniens dadurch, dass beim Kochen Pimentón hinzugefügt wird. Die Gegend bietet aber auch viele vegetarische Rezepte, zum Beispiel sehr delikate Kartoffel- und Tomatensuppen. Selbst Spiegeleier werden hier mit Pimentón“aufgepeppert“.
Berühmtheit erlangte Pimentón als wichtiges Gewürz für die spanische Traditionswurst Chorizo. Ganz allgemein hebt das hocharomatische Paprikapulver aber auch den Geschmack von Fisch- und vegetarischen Gerichten. Letzteren kann man damit auch fleischlos delikates Räucheraroma verleihen.
Unser Tipp: Unbedingt probieren! Wer Chipotle mag, dem wird auch Pimentón bestens zusagen (Rauch und Aroma sind allerdings recht verschieden).
„Pepperweltlerin“ Renate Zoschke hat selbst jahrelang in Spanien gelebt; dies erweist sich als äußerst hilfreich mit den ausschließlich spanisch sprechenden Herstellern der Pimenton-Traditionsmarke La Chinata , mit denen wir inzwischen seit vielen Jahren zusammenarbeiten. Pimenton de la Vera finden Sie mild (dulce) sowie scharf (picante) unter anderem im Pepperworld Hot Shop.
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Walter utz
walter@utz.co.at