NuMex News: Wer sagt eigentlich, dass sich nur noch bei den rekordscharfen Chilis was Neues tut?
Fast ausschließlich Scoville-Raketen wie Bhut Jolokia, Trinidad Scorpion und jüngst Moruga Scorpion sorgen in der Chili-Welt für dicke Schlagzeilen. Völlig zu Unrecht, wie das Beispiel „NuMex Las Cruces“ zeigt, das Ergebnis jahrelanger Züchtung am Chile Pepper Institute der New Mexico State University (NMSU).
NuMex Las Cruces ist eine früh reifende ertragreiche Cayenne-Neuzüchtung, deren relativ dickfleischige Früchte sich durch gute Schärfe und feines Aroma auszeichnen. Darüber hinaus ist diese Sorte gegen diverse Krankheiten resistent, insbesondere gegen den Curly Top Virus (CTV), und zwar mindestens die Varianten Beet Curly Top Virus (BCTV), Beet Severe Curly Top Virus (BSCTV) und Beet Mild Curly Top Virus (BMCTV). Benannt ist die Sorte nach Las Cruces, der Stadt im Süden New Mexicos, mitten im Chili-Hauptanbaugebiet des US-Bundesstaates, außerdem Sitz des Chile Pepper Institute und der NMSU.
Das Chile Pepper Institute hat den widerstandsfähigen und ertragreichen NuMex Las Cruces gezüchtet, da Cayenne in New Mexico landwirtschaftlich einer der wichtigsten Chilis ist. Verschiedene Großbetriebe im Süden New Mexicos verarbeiten frische Cayenne-Chilis zusammen mit ca. 20% Salzanteil zu „Mash“, der dickflüssigen Basis vieler „Louisiana Style“ Hot Sauces. Per Tankwagen gelangt das fermentierte Mash nach Louisiana, wo es mit Essig verdünnt und unter eventueller Zugabe weiterer Zutaten zu Chili-Soßen verarbeitet wird. In den USA ist der Bundesstaat New Mexico der größte Cayenne-Erzeuger. Hoher Ertrag und Resistenz gegen Krankheiten sind daher wichtige Faktoren für eine Chili-Sorte.
Das Beste zweier Cayenne-Klassiker
Für „Las Cruces“ wurden zwei in New Mexico viel verwendete Zuchtsorten gekreuzt: „Large Red Thick“ reift früh (ca. 70 Tage) und liefert große Früchte. „Mesilla“ ist ein F1-Hybrid, der sehr ertragreich ist, aber später reift (ca. 90 Tage). Die beiden wurden gekreuzt, um die großen Früchte und das frühe Reifen der einen Sorte mit dem hohen Ertrag der anderen zu vereinen. Die CTV-Resistenz hatte man dabei nicht im Auge, sie ist praktisch ein willkommener Nebeneffekt. Von den F2-Nachkommen wurden Pflanzen nach früher Reife, gewünschter Fruchtform und -größe, Etrag sowie leichter Lösbarkeit der Chilis vom Stiel selektiert (Letzteres ist für die mechanische Ernte von Bedeutung). Nach fünf generationen Selbstbestäubung wurde Saat unter insektendichten Käfigen vermehrt. Dies war dann die Sorte NuMex Las Cruces, die nachfolgend auf Testfeldern ausgebracht wurde.
Es war ein glücklicher Zufall, dass mitten in den Tests 2005 eine CTV-Plage auftrat und man feststellen konnte, dass NuMex Las Cruces weit weniger darunter Symptome zeigte als andere Sorten und Zuchtlinien des Feldversuchs. 2010 war dann nochmals ein „CTV-Jahr“, und die neue Sorte konnte erneut ihre hohe Resistenz genen diesen Pflanzenvirus unter Beweis stellen: 67% bzw. 70% weniger CTV-Befall als die Ausgangssorten Dass keine 100% Resistenz erreicht wird, sei typisch für offene Bestäubung der Sorte, so die Autoren des Hortscience-Beitrags.
In der unten angegeben Quelle wird ausgeführt,nach welcher Methodik die neue Sorte über drei Jahre (2005-2007) testweise angebaut, geerntet und untersucht wurde.Die Länge der Früchte betrug im Durchschnitt 17,2 cm, der Durchmesser 2,6 cm. Ganz schön dicke Burschen für Cayenne. Die Farbe der reifen Früchte wurde alsscarlet beschrieben, einem leuchtenden Rot also — in RGB-Werten ausgedrückt etwa 255, 36, 0. Auch die gewünschte leichte Entstielbarkeit konnten die Wissenschaftler verifizieren.
Als mittlere Schärfe von „NuMex Las Cruces“ wurden per HPLC-Analyse 17.400 Scoville-Einheiten (SHU) ermittelt. Damit war die neue Sorte schärfer als „Large Red Thick“ (12.900 SHU) und „Mesilla“ (13.200 SHU). Auch aufgrund der relativ hohen Schärfe eignet sie sich bestens für die Hot-Sauce-Industrie.
Curly Top Virus – ein Problem für Chili-Farmer in New Mexico
Der gefürchtete Befall von Chili-Feldern mit dem Curly Top Virus ist in New Mexico ein großes Problem. Er wird durch eine Heuschrecke (Circulifer tenellus) verbreitet, die alle paar Jahre als Plage über die Felder zieht; erstmals wurde dies bereits 1927 beobachtet. Werden Cayenne-Pflanzen von dem Virus befallen, färben sich die Blätter gelb, drehen sich, und rollen sich auf, dann werden sie dick und steif. Dies resultiert in minderwertigen Chilifrüchten und geringerem Ertrag, bis hin zum Totalausfall. Es gibt keine Insektizide gegen das Curly Top Virus, und auch ansonsten eher beschränkte Möglichkeiten zur Bekämpfung, sodass von Haus aus resistente Pflannzen die ökologisch verträglichste Möglichkeit darstellen, diesem Problem zu begegnen.
NuMex Las Cruces Cayenne im Pepperworld-Test
Im Frühjahr 2011 hatten Mitglieder des Chile Pepper Institute erstmals Gelegenheit, Saat von NuMex Las Cruces Cayenne für den Testanbau zu bekommen. Natürlich waren wir auch schon ganz neugierig auf den „Wunder-Cayenne“ aus New Mexico. In unserem 2011er Testanbau lieferte die neue Sorte hervorragende Ergbebnisse. Besonders im Gewächshaus waren die Pflanzen sehr ertragreich, mit Chilis von bis zu 20 cm Länge und mehr. Im Freiland waren die Früchte etwas kleiner, aber ebenfalls von hoher Qualität. Bei Aussaat Ende Februar gab es Mitte August die ersten roten Cayenne-Chilis.
Die ersten Blüten zeigten sich im Juni, Ende Juli hatten die meisten Früchte ihre endgültige Größe erreicht. Gegenüber den Früchten im Gewächshaus …
… waren die Freiland-Früchte auffallend kleiner. Kressbronn am Bodensee hat zwar mildes Klima, ist aber halt nicht New Mexico. Außerdem war der 2011er Sommer teilweise recht kalt. Rechts daneben wieder NuMex Las Cruces Cayenne im Gewächshaus; die ersten roten Früchte gabs etwa Mitte August, wobei sich das leuchtende Rot gegen Ende August noch intensivierte. Die Freiland-LC’s wurden im Laufe des September rot. Sowohl im GWH als auch draußen erwiesen sich die Pflanzen als robust und unproblematisch. Drinnen wurden sie etwa 60-65 cm hoch, draußen mit 45-50 cm etwas niedriger.
Die Früchte scheinen etwas fleischiger zu sein als andere Cayenne. Sehr süß und aromatisch, und wie erwähnt teilweise über 20 cm lang. Die Schärfe konnten wir natürlich nicht messen; gefühlt lag sie jedoch deutlich unter den von den Forschern berichteten 17.400 SHU, jedoch durchaus angenehm „peppig“. Auf unserem Pepperworld Brenn-o-meter würden wir diesen Chili wohl in der Schärfestufe 6 (von 1-10) einordnen, im trocken-heißen Süden New Mexicos erreicht er die Stufe 7.
Kulinarische Verwendung
Cayenne allgemein wird sowohl frisch als auch getrocknet verwendet. Frisch wird er meist zu Mash für Hot Sauce verarbeitet (siehe weiter vorne), getrocknet als ganze Früchte, geschrotet (Flocken) oder zu Pulver verarbeitet. NuMex Las Cruces ist aber auch eine sehr schmackhafte Cayenne-Variante, und da sie für Cayenne relativ dickfleischig ist, lässt sie sich frisch auch in der Küche verwenden.
Rotgereifte Las Cruces Cayenne aus unserm Testanbau haben zum Beispiel dieses Frühstücks-Omelett mit Pilzen und Avocados bereichert.
Da sie relativ fleischig sind, trocknen sie in unseren Breiten nicht gut an der Luft, sodass sich ein Dörrgerät empfiehlt (siehe auch unseren Beitrag zum Trocknen von Chilis). Die resultierenden getrockneten LC Cayenne sind hoch aromatisch, und die Süße tritt besonders gut in Erscheinung.
Das gilt besonders für die zu Pulver gemahlenen getrockneten NuMex Las Cruces Cayenne; wohl das süßeste Chilipulver, das wir je für den Hausgebrauch produziert haben.
Aus purer Neugier haben wir LC Cayenne auch geräuchert. Hierzu kam unser aus alten Konservendosen gebastelter Barbecue-Smoker-Aufsatz zum Einsatz. Das Ergebnis war sensationell: Rauchig, süß, aromatisch. Allerdings waren die Cayenne schneller fertig als die zeitgelich geräucherten Jalapenos, sodass sie uns beinahe zu dunkel geworden wären. Darauf sollte man also achten.
Außerdem kann man mit Las Cruces Cayenne eine leckere Hot Sauce kochen, wir unser Rezept „LC Cay Thai Hot Sauce“ zeigt.
Saat für NuMex Las Cruces Cayenne ist zum Beispiel im Pepperworld Hot Shop erhältich.
Text und Bilder von Harald Zoschke
Quellen: Veröffentlichung NuMex Las Cruces’ Cayenne Pepper in HORTSCIENCE 45(11):1751–1752. 2010 (November 2010) von Paul W. Bosland (Department of Plant and Environmental Sciences, New Mexico State University) und Carl A. Strausbaugh (USDA-ARS-Northwest Irrigation and Soils Research Laboratory, Kimberly) sowie eigene Experimente.