Chilis gegen aufdringliche Elefanten
Ein Elefant im Porzellanladen ist ja schon schlimm, aber die Bauern im Tal des Zambesi-Flusses in Zimbabwe (bei uns z. T. auch Simbabwe geschrieben) und anderswo in Afrika haben weit größere Sorgen: Mit dem Wachstum der Bevölkerung und dem Abholzen der Wälder zur Landgewinnung zum Anbau von Baumwolle und Mais kommt es vermehrt zu Konflikten mit hungrigen Elefanten, die die Felder heimsuchen und die Ernte vertilgen. Die Farmer haben alles Mögliche versucht, um des Problems Herr zu werden. In ihrer Verzweiflung haben sie sogar Elefanten geschossen und ihre Körper zur Abschreckung weiterer Artgenossen in der Nähe der Felder liegenlassen. Aus der Lösung gegen dieses Problem hat sich die Marke Elephant Pepper entwickelt.
Auch teuere Spezialzäune und das Abschiessen von Feuerwerkskörpern erwiesen sich als wirkungslos gegen die furchtlosen Riesen. Diese fernzuhalten ist auch überlebenswichtig für die Einwohner hier — mehr als 200 Menschen werden in Zimbabwe jedes Jahr von Elefanten zu Tode getrampelt oder aufgespießt.
Bitter: Eine von Elefanten zerstörte Hütte
Wir müssen draussen bleiben: Abwehr mit neuartigen Chili-Zäunen
Ein Experten-Team hat sich daran gemacht, eine bessere Problemlösung zu finden: Die Mid-Zambezi Elephant Project’s Chile Pepper Company (MZEP) unter Leitung des Elefanten-Experten Dr. Ferell Loki Osborn, deren Arbeit durch Fördermittel der Wildlife Conservation Society ermöglicht wird. Nach dem erfolgreichen Einsatz in Sprays zur Bärenabwehr bestand der erste Plan darin, die in Chilis enthaltene Schärfesubstanz Capsaicin in Spray-Form einzusetzen. In einigen Fällen hat sich dies auch bewährt; allerdings musste man sich den Tieren zu dicht nähern, und auch die Windbedingungen machten den Spray-Einsatz zum Risiko. Dann kam Jack Birochak, der sich beruflich mit der Entwicklung von Behältern für Pepper-Sprays zur Verteidigung beschäftigt, auf eine Low-Tech-Lösung: Quasi ein Chili-Flammenwerfer, bei dem Luft mit einer Fahrradpumpe komprimiert wird und sich ein weit reichender Capsaicin-Strahl abfeuern läßt. Das Gerät funktioniert; es wird aber nur gegen die widerspenstigsten Elefanten eingesetzt. Tests haben gezeigt, dass es auch bei höherer Konzentration zu keinerlei Schädigung von Haut, Augen oder Lunge kommt.
Nichts für daheim: Die Chili-Kanone zur Abwehr widerspenstiger Elefanten.
Scharfe Birdeye-Chilis werden zusammen mit dornigen Pflanzen
als Wall zum Schutz wertvollerer Anbaupflanzen gepflanzt
Dr. Osborn überlegte, wie sich – zusätzlich zum Pepper-Extrakt – die Chilis selbst einsetzen ließen, um die Dickhäuter von den Plantagen fernzuhalten. Untersuchungen zeigten, dass die Felder im Tal des Zambesi-Flusses ohne jedes Schema angelegt wurden, was den Elefanten den Zugriff erleichterte. Dr. Osborns Plan bestand darin, die wertvollsten Pflanzen im Zentrum einer Farm unterzubringen und die weniger wertvollen aussen herum, und als äussere Begrenzung dann ein Wall aus extrem scharfen Chilis, gemischt mit dornigen Pflanzen. Als Chilis werden hier die Birdeyes gepflanzt, für die Zimbabwe bekannt ist. Als Dornenträger kommt Sisal zum Einsatz, eine hanfartige Pflanze, aus deren Fasern seit jeher Stangen, Stricke und Matten gefertigt werden.
Elefanten würden versuchen, die Dornen zu vermeiden und würden abgeschreckt, wenn sie von den Chilis fressen. Innerhalb dieses Aussenwalls wurde ein Zaun aus Stangen aufgestellt, die mit Stricken verbunden sind, die wiederum mit einer Mischung aus Schmiere und Capsicum Oleoresin (Chili-Extrakt) präpariert sind. Das Extrakt ist mit einer MillionScoville-Einheiten (SHU) sehr hoch konzentriert. Zum Vergleich: Die klassische rote TABASCO®-Sosse liegt zwischen 2500 und 5000 SHU. Macht sich ein Elefant an den Stricken zu schaffen, bekommt er dies mit seinem empfindlichen Rüssel zu spüren. Innerhalb dieser zwei Ringe wird dann Baumwolle angebaut, die von Elefanten nicht sonderlich geschätzt wird, und ganz im Inneren dann schließlich der Mais, den auch die Dickhäuter nur all zu gerne verspeisen.
Als weiteres Abschreckungsmittel gegen die grauen Riesen entwickelte ein Mitarbeiter von Dr. Osborn: Eine Art Brikett, bestehend aus Elefanten-Dung und gemahlenen Chilis. Wenn die Farmer, die die Felder bewachen, Elefanten hören, werfen sie die Briketts ins Feuer. Steigt den Tieren der scharfe Dampf in den Rüssel, suchen sie das Weite. Wir fragen uns allerdings, wie die Farmer das aushalten!
Dr. Osborn hat es sich zum Ziel gesetzt, drei Dinge zu erreichen: Jobs für die Chili-Farmer zu schaffen, die Farmen vor den Elefanten zu schützen und auch die Elefanten selbst davor zu schützen, getötet zu werden. Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass sich die politischen Verhältnisse in diesem Staat zum Besseren ändern.
Birdeye-Chili-Ernte. Die Pflanzen werden hier oft mehrjährig genutzt
Qualitätskontrolle getrockneter Birdeye-Chilis
Die Kombination aus Abwehrringen und Chili-Dung-Dämpfen hat sich als äußerst wirkungsvoll erwiesen. Zur Förderung der finanziell schlecht gestellten Chili-Farmer kam man noch auf eine weitere „echt scharfe“ Idee: Es wurde eine Hot-Sauce-Firma gegründet, die ihnen die Schoten abkauft und daraus Soßen und Marmeladen fertigt, die dann unter dem Markenzeichen „Elephant Pepper“ vermarktet werden.
Chili-Marmeladen-Etikett
Weitere Infos: http://www.elephantpepper.org
Update Sommer 2003: Ein Jahr später – wir fragen nach, wie sich die Elefanten-Abwehr bewährt hat. Elephant-Pepper-Mitarbeiterin Nina Gibson: Ja, die Chilis arbeiten noch immer sehr effektiv. Ich kehre gerade aus dem Zambezi-Tal zurück, wo sie „Chili-Schmiere“ auf den Zäunen verwenden und nachts die Chili-Briketts verbrennen. Die Farmer schwören auf die Chilis, die Elefanten haben sich an die Tatsache gewöhnt, dass die Felder geschützt sind, und sie kümmern sich nicht weiter. „Chilis sind hervorragend, besonders für die Elefanten“, meinte einer der Farmer. Schön zu sehen, dass diese gewaltfreie Methode wirkt.
Text und Illustration: Harald Zoschke; Afrika-Fotos mit freundlicher Genehmigung von Dr. Loki Osborn.