Ungewöhnliche Verwendungen von Chilis
Falls Sie dachten, Chilis kommen nur in der Küche zum Einsatz, lassen Sie sich eines Besseren belehren. Seitdem die Menschen die scharfen Schoten kennen, fallen ihnen laufend neue mehr oder weniger geniale Formen für die Chili Verwendung ein.
Heisse Würstchen: Wenn der Hund seine eigenen Geschäfte futtert, können Mineralstoff-, Vitamin- oder Energiemangel die Ursache sein, ebenso Verhaltensstörungen, z. B. aufgrund von Langeweile. Kann all dies ausgeschlossen werden, empfehlen Tierärzte bisweilen, Bello diese Unart abzugewöhnen, indem man sein Häuflein z. B. mit Cayenne-Chilipulver präpariert und ihm dann die Möglichkeit gibt, es aufzunehmen. Aber wer präpariert schon gerne Häuflein, egal womit. Darum gibt’s jetzt, zumindest in den USA, Abhilfe in Pillenform – mit Chili-Extrakt! O-Ton des Herstellers: „Deter ist ein natürlich fermentierter Pflanzenextrakt, der Thiamin-Hydrochlorid enthält, und mikrogekapseltes Capsicum Oleoresin. Das Capsicum Oleoresin wird im Verdauungssystem des Hundes freigesetzt und verdirbt ihm den Geschmack an seinen Ausscheidungen“. Mahlzeit!
Hot Chicken Wings I: Salmonellenbefall ist bei Geflügel ja leider sehr verbreitet. Bei der Suche nach einer wirksamen Eindämmung der lästigen Bakterien hat Audrey McElroy von der amerikanischen Virginia Tech University (Blacksburg, Virginia) Hühnerfutter mit dem Chili-Scharfmacher Capsaicin „aufgepeppert“. Anschließend wurden die Vögel dann einer hohen Salmonellenkonzentration ausgesetzt. Das scharfe Futter führte nachweislich dazu, dass sich die Anzahl der Hühner mit Keimen in den inneren Organen nahezu halbierte. Geschmackstests ergaben, dass sich die Chilis im Fleisch nicht bemerkbar machten. Schade eigentlich – „Hot Chicken Wings“, die man nicht mehr nachwürzen muss, wären doch ein netter Nebeneffekt!
Hot Chicken Wings II: Die 2001 veröffentlichte Studie war nicht der erste Chili-Einsatz bei Hühnern. Vor Jahren versuchte man bereits mehr oder weniger erfolgreich, Eidotter durch Beimischung von rotem Chili zu einer kräftigeren Farbe zu verhelfen. Für derlei Projekte greift man gerne auf spanische Pimiento zurück, die sich durch besonders intensive rote Farbe und fehlende Schärfe auszeichnen. Wieder Fehlanzeige mit heissen Hühnchen…
Scharfe Kammerjäger: In den USA sind besonders im Süden des Landes Termiten ein ernsthaftes Problem – sie befallen und zerstören Häuser reihenweise, oft komplette Straßenzüge. Da hilft nur „Pest Control“, auf Ungezieferbekämpfung spezialisierte Firmen. Einem Bericht der New York Times zufolge erhielt Pest-Control-Inspektor Robert H. Neumann von der kalifornischen Franz Termite Control im Februar 2003 sein drittes Patent zur Verwendung von Capsaicin als natürliches Pestizid. Inspiriert von den Schilderungen eines Polizisten über den Einsatz von Pepper Spray zur Überwältigung Krimineller braute er daheim eine Chili-Pepper-Mischung, mit der er testweise Termiten besprühte. Das Ergebnis: die lästigen Insekten starben sofort. Neumanns Patente bilden jetzt die Grundlage für seine eigene Biopestizid-Firma: Kapto Inc. erwartet schon in wenigen Monaten die Freigabe der neuen scharfen Insektenvernichter durch die Umweltbehörde.
Hacker-Abwehr: Hot Sauce kann Spechte am zerstörerischen Hacken von Holzgaragen hindern. Obwohl Vögel ja eigentlich gegen Chili-Schärfe immun sein sollen, berichtete uns eine Frau aus Arizona, dass sie die vor Jahren von den Pepperweltlern ersonnene Hot Sauce Liquid Ax mit großem Erfolg zu eben jenem Zweck auf die Holzbalken aufträgt.
Elefanten-Abwehr: Mehr als 200 Menschen werden in Zimbabwe jedes Jahr von Elefanten zu Tode getrampelt oder aufgespießt; dazu kommen riesige Ernteverluste durch zerstörte Felder. Abhilfe bringt jetzt clevere Chili-Forschung – siehe unseren Beitrag dazu.
Futter für Chilihead-Kühe: Der Bundesstaat New Mexico ist in den USA die unumstrittene Nummer 1 in der Chili-Produktion. An der New Mexico State University in Las Cruces erforschen Wissenschaftler zurzeit, wie sich die rund 15000 Tonnen Chili-Abfallprodukte verwerten lassen, die bei Anbauern und Verarbeitungsbetrieben jedes Jahr anfallen. Untersucht wird, wieweit sich der aus Schoten, Aussenhaut der Schoten, Stielen und Blättern bestehende „Chili-Müll“ als Futter für Milchkühe einsetzen läßt.
Man fand heraus, dass man aus Alfa-Alfa (=Luzerne) bestehendem Futter 20% Chili-Nebenprodukte beimischen kann, ohne dass dies irgendwelche negativen Auswirkungen auf die Milchbeschaffenheit hätte. Ganz nebenbei soll sich dies förderlich auf die produzierte Milchmenge auswirken. Interessanterweise scheinen die Kühe die Chili-Bestandteile nicht nur zu tolerieren, sondern sogar zu verlangen. Rancher berichten, dass die Wiederkäuer aus allen Teilen des Stalles herbeieilen, sobald das verschärfte Futter in die Fresströge kommt.
Eigentlich soll der Chili-Scharfmacher Säuger ja fernhalten, da sie nicht zur Verbreitung der Capsicum-Spezies beitragen. Können Kühe also Chiliheads sein? Was wäre, wenn dies auch auf Hunde zutrifft (siehe Meldung ganz oben)?
Weitere Chili-Verwendungen der Neuzeit
- Zum Färben von Kosmetika und Lebensmitteln wie z. B. Schmelzkäse (der rote Chili- Farbstoff Capsanthin ist als Farbstoff E160c zugelassen; ebenfalls rot färbend wirkt das Begleitpigment dazu, Capsorubin).
- Zum Vertreiben von Wild, Kaninchen und Feldmäusen.
- Um Eichhörnchen von Vogelfutter-Häuschen fernzuhalten (nur Säugetiere nehmen die Chili-Schärfe wahr. Vögel, die in der Natur zur Verbreitung der Saat nützlich sind, merken nichts davon).
- Als lokales Schmerzmittel (z. B. in Salben und ABC-Pflastern).
- Zur Verminderung des Taubheitsgefühlt bei der lokalen Zahnarzt-Narkose (Capsaicin, so neue Forschungserkenntnisse, öffnet Ionenkanäle, die nur in der Membran jener Nervenzellen vorkommen, die Schmerz-Wahrnehmung zuständig sind. Über die geöffneten Kanäle gelange der Lidocain-ähnliche Betäubungsstoff dann in die Nervenzellen und blockiere dort die Schmerzsensoren).
- In Pepper-Sprays zur Abwehr von Angreifern (Diebe, Hunde, Bären).
- In Bootsfarben, um Seepocken-Ansammlungen zu verhindern.
- In Glasfaser-Erdkabeln, um Nagern das Anknabbern zu vermiesen.
- Als Hustenlöser.
- In Lippengloss für „Lippenglanz mit Volumeneffekt“ (Chili Lip Booster).
- Als Zusatz zu Tabletten mit Substanzen, die sich als Rauschmittel missbrauchen lassen (zerriebene Pillen machen dank Capsaicin wenig Freude beim Schnupfen).
- Als Doping bei Pferden (so geschehen im August 2008 – auf der Olympiade in Peking wurde beim Pferd eines deutschen Springreiters die „verbotene Substanz“ nachgewiesen). Und leider wahrscheinlich nicht nur dort.
- Eine Kundin des Pepperworld Hot Shop kaufte die Hot Sauce Vicious Vampire, um damit die Mähne eines ihrer Pferde zu behandeln – um ein weiteres Pferd daran zu hindern, ihm die Mähne mit den Zähnen auszureißen!
Überlieferte Chili-Verwendungen
- Zur Erziehung – Die Azteken haben ihre Kinder als erzieherische Maßnahme über Feuer mit beißendem Chili-Rauch gehalten – in „Peppers, the Domesticated Capsicums“ von Jean Andrews
gibts anschauliche historische Zeichnungen davon! Das hat mit Sicherheit mehr gebracht als 3 Wochen keine neuen Klingeltöne (zumal es damals ja noch keine Handys gab). - Zur Bestrafung von Gefangenen, Dieben, untreuen Ehepartnern. And it burns, burns, burns…
- Als Aphrodisiacum. Nein, weitere Details haben wir dazu leider nicht.
- Zum Zahlen von Steuern.
- Zum Stillen von Zahnschmerzen.
- Als Mittel gegen Haarausfall und Förderung des Haarwuchses.
- Als Brechmittel (scharfe Sößlein aus dem Pepperworld Hot Shop sind dafür natürlich völlig ungeeignet).
Zum Rauchen. In Kolumbien werden Pajarito-Chilis („Vögelchen“) angeblich geraucht. Don’t try this at home!
Und dann noch das hier…
- Ebenfalls nicht zur Nachahmung empfohlen: Chilihead Elmar, im Schwabenländle zuhause, brachte zu einemm ‚Chilihead-Wochenende‘ seinen selbstkreierten „Chili Snuff“ mit – eine Art Schnupf-„Tabak“, der hauptsächlich aus Chilipulver bestand. Autsch!
3 Comments
meisterdidi
Harald, da gibts noch eine interessante Anwendung, die ich 1980 in einem französischem Ölbohrlager in Hassi-Messaoud (Algerien) kennenlernte: Die Rüttelei des Wellblechs hatte bei unsrem LKW den Kühler undicht werden lassen. Normalerweise muss man die Undichte dann löten. Der Werkstattmeister dort zeigte uns dann seine Standardlösung, für uns ein Geheimtipp: Eine gute Handvoll (LKW!) grob gemahlene Chillies in den Kühler, mit Wasser auffüllen und fahren. Ich habs nicht geglaubt, aber wir mussten danach nie mehr Wasser nachfüllen und der LG315 läuft sicher heute noch im Niger, wo wir ihn Monate später nach einem Besuch in Gao verkauften.
hollerbusch
Roter Paprika in der Suppe lindert Einschlafstörung durch Neuralgie an den Zehen
und gibt Wärmegefühl und lindert Asthma
Günter Schaub
Danke für den Tipp!