Lecker Schokolade
Schon die Azteken mischten Schokolade und scharfe Chilis (siehe Story), und zurzeit erfährt die schmackhafte Kombination eine Renaissance. Besonders deutlich wurde das auf der diesjährigen Eurochocolate in Perugia, die unter dem Motto „Ottobre Rosso“ (Roter Oktober) stand, als Referenz an die Farbe der scharfen Schoten und den Veranstaltungstermin. Dazu passend erhielt das Spektakel den Titel Chokolate Revolution. Selbstlos wie immer haben wir uns auf der scharfen Schoko-Show für Sie umgesehen.
Schokolade & Chili – war das Motto auf der Eurochocolate 2005
Dass Perugia nicht nur die Hauptstadt der Region Umbrien ist, sondern auch die italienische Hochburg der Chocolatiers, erkennt man spätestens im Hotelzimmer: Mit Chance begrüßt Sie auf dem Kopfkissen ein Bacio, eine süße Schoko-Praline mit Kakao- und Haselnussfüllung. Die Bacihaben die fast 100 Jahre alte Hersteller-Firma Perugina, und damit auch Perugia, bei Naschkatzen in aller Welt berühmt gemacht.
Und schon beim ersten Rundgang durch die zauberhafte historische Altstadt von Perugia fällt man förmlich von einem Schokoladenladen in den anderen.
Und wenn dann noch Chokolate Revolution angesagt ist, wird Perugia endgültig zum Mekka der Schoko-Fans. Eine Woche lang gibt es dann zahlreiche Veranstaltungen rund um Kakao und Schokolade, diesmal (2005) vom 15. bis 23. Oktober. Letztes Jahr kamen in gut einer Woche rund 900 000 Besucher, und dieses Jahr dürfte die Millionengrenze wohl deutlich überschritten worden sein. Besonders das Eröffnungs-Wochenende war nichts für Leute mit Platzangst…
Am Freitagnachmittag kam man auf der Piazza IV Novembre noch ganz flott voran. Poster kündeten aber schon von der Revolution, und überall wurden Zeltbuden aufgebaut.
Am Samstagmorgen war es dann soweit. Auf dem Weg durchs Gewirr der mittelalterlichen Festung Rocca Paolina (links) ahnte man schon, dass man nicht allein sein würde bei der Schoko-Revolution. Mittags kam man dann schon recht schleppend voran (rechts). Zu sehen, kaufen und probieren gab’s allerdings auch wirklich reichlich:
Nachdem es morgens noch etwas frisch war, kam ein Becher heiße Schokolade gerade recht, aufgepeppt mit Zimt, Ingwer und Peperoncino. Aufmerksame PW-Leser kennen sowas schon – hier ein Rezept und noch ein Rezept.
Alle Aussteller/Anbieter hatten natürlich jede Menge Schoklade in der klassischen Tafelform im Sortiment. Hier gibt es einige deutliche Trends, auf die wir noch zu sprechen kommen. Verschiedentlich sah man auch schon die Einstimmung auf die Fußball-WM, und wir fragten uns, wie lange die Bälle aus weißer Schokolade in Originalgröße Ballack & Co. wohl standhalten würden.
Schokolade und WAS?
Der freundliche Herr am Stand des Bitterschoko-Spezialisten Cuorenero („schwarzes Herz“) hatte gut Lachen: Eine neu vorgestellte Spirituose aus gutem Rotwein, Alkohol und Schokolade ging weg wie warme Semmeln – und das trotz heftiger 19 Euro für die Halbliterflasche. Das Geheimnis lag im Probieren: Das Getränk war wirklich so lecker, dass auch wir nicht umhin kamen, ein Fläschlein mitzunehmen. Zudem ist guter Rotwein zu guter dunkler Schokolade unter Kennern ohnehin derGeheimtipp, ebenso ein feiner Whisky.
Wein und Schokolade… wen wundert’s da noch, dass man im Rahmen der Bitterschokoladen-
Degustation auf Wunsch auch ein paar Tropfen hochwertigen Balsamico-Essigs auf sein Probierstück bekam. Ab 70% Kakaogehalt ist diese Kombination in der Tat eine interessante Erfahrung.
Ein genereller Tipp zur Verkostung von Bitterschokolade mit hohem Kakaogehalt:
Inzwischen gibts sogar Sorten mit einem Kakaoanteil von 100%. Das bedeutet keinen Zucker, keine Sahne, nur reine Kakaomasse. Diese ist überhaupt nicht süß, und ihr Genuß ist ein wenig gewöhnungsbedürftig. Man tut gut daran, vorher von einer Sorte mit 70-80% zu probieren, um sich darauf einzustimmen.
Schoko-Trends
Vorbei sind die Zeiten, in denen es einfach Tafeln wie „Vollmilch“ oder „Zartbitter“ gab, und die halt von ein paar bekannten großen Herstellern. Die echten Raffinessen kommen heute von einer stetig steigenden Anzahl kleiner bis mittlerer Betriebe wie Domori, Venchi, Vannucci, Buosi, Stainer und Dolci Pensieri di Calabria.
Herkunft
Außerdem bekommt man inzwischen häufig zu wissen, welche Kakaosorten verwendet wurden – am verbreitetsten ist Forastero, am seltensten die delikate Criollo; die karibische Trinitario ist eine Kreuzung aus beiden. Auch bei Forastero gibt es wertvolle Varianten, die nur in einer bestimmten Region wachsen, etwa die feine Arriba, die ihre ökologische Nische in Equador hat.
Des weiteren geht Genießern auf, dass man mehr vom feinen Kakao schmeckt, je höher sein Anteil ist – ade Vollmilch, hallo Bitter ab 60% aufwärts, bis zu extremen 100%.
Kakaofrüchte der Sorten Trinitario und Forastero
Etwas fragwürdig ist die pauschale Bezeichnung von Schoko-Produkten nach Herkunftsländern, wie sie momentan viele Hersteller im Angebot haben – „Ghana“, „Venezuela“ oder „Equador“ zum Beispiel. Ein Kakaoexeperte aus Brasilien, ebenfalls ein bedeutendes Kakaoland, erklärt uns dazu: „Niemand würde auf die Idee kommen, einen Wein einfach mit „Deutschland“ oder „Italien“ zu deklarieren. Allein in den Kakaoregionen Brasiliens gibt es so unterschiedliche Bedingungen und Sorten, dass sie Bohnen mit stark unterschiedlichem Aroma hervorbringen.“
Besser gefiel uns daher auch der Ansatz einiger Anbieter, auf der Packung gezielt die Plantage anzugeben, von der der verwendete Kakao stammt (siehe links).
Das extremste Beispiel ist wohl die Firma Domori, die einer wertvollen Holzbox mit reinen Schokoladen gleich noch eine DVD über Land, Farmer und Pflanzen der Plantage in Venezuela beilegt, mit der sie eng zusammenarbeitet.
Mutige Geschmackskompositionen
Neben reinen Schokoladen trauen sich auch viele Chocolatiers, mutige Geschmackskompositionen auzuprobieren. Wie auch bei Hot Sauce zu beobachten, sind es meist die kleinen Firmen, die sich nicht am supermarktkompatiblem Massengeschmack orientieren müssen.
Am trendigsten ist zurzeit Schokolade mit Chili – Cioccolato al Peperoncino war daher bei vielen Anbietern zu sehen. Dazu in Kürze mehr.
Feine Bitterschokolade fanden wir aber auch mutig kombiniert mit Curry, mit Mohn, Rosenblüten, grünem Tee, und – man glaubt es kaum – sogar „Cioccolato con Cannabis“ war zu haben! Letztere mit „normaler“ Hanfsaat (denken wir mal), trotzdem war sie laufend vergriffen. Unsere Tafel haben wir noch nicht probiert…
Italienisch an der Verkaufsfront…
Keine Frage, die Schokowoche in Perugia ist eine Super-Veranstaltung, die wohl weltweit ihresgleichen sucht. „Euro“ ist allerdings etwas zu relativieren, denn bis auf ein paar wenige Marken wie Lindt (Schweiz), Valrhona (Frankreich), Droste (Holland) und eine belgische Firma war kaum ein anderes Herstellerland mit eigenen Verkaufsständen vertreten. Zum einen lag das sicher daran, dass viele Gourmetschoko-Firmen tatsächlich in Italien zuhause sind. Es war aber auch fast unmöglich, Informationen in einer anderen Sprache als italienisch zu bekommen – sei es gedruckt oder vom Personal. Vielleicht ist dies der Grund, weshalb man als Haupttitel dieses Jahr Chokolate Revolutiongewählt hat, und Eurochocolate eher klein gedruckt erscheint.
Also, liebe Veranstalter: Wollt Ihr dieses tolle Ereignis internationaler gestalten, solltet Ihr auch die sprachliche Seite berücksichtigen. Auf der anderen Seite könnte Perugia wohl ohnehin kaum mehr Besucher verkraften. Sei’s drum, inzwischen haben wir genug italienisch drauf, um uns durchzuschlagen; also weiter mit unserem Bericht 🙂
… International bei den Kaoao-Erzeugern
Wahrlich international gings auf der Erzeugerseite zu. Um den Besuchern den Ursprung des Kakaos näher zu bringen, wurden Repräsentanten der „C8“ eingeladen, d. h. der acht führenden kakaoproduzierenden Länder. Aus Afrika waren Elfenbeinküste (rechts), Ghana, Nigeria und Kamerun vertreten, aus Asien Indonesien, aus Südamerika Ecuador und Brasilien, und aus der Karibik die Dominikanische Republik.
Die geographische Lage diesr Länder ist kein Zufall, denn Kakao gedeiht nur im Klima des „Kakao-Gürtels“, d.h. 20 Breitengrade nördlich und südlich des Äquators.
Am 20.10. veranstalteten die „C8“ sogar einen „Internationalen Kakao-Gipfel“. Unterstützt von der International Cocoa Summit wurden Themen behandelt wie Kakao-Qualität und Preise, Kultivierungstechniken, organischer Anbau, Strategien gegen Krankheiten bei Kakaopflanzen.
Eine Fülle an wertvollen Kakao-Informationen erhielten wir von Olivier Pierre von der APCFE (Associação dos Profissionais do Cacau Fino e Especial), einer Erzeugergemeinschaft feiner Kakaosorten in Brasilien. Hauptanliegen des Verbandes ist die Schaffung und Einhaltung eines hohen Qualitätsstandards.
Olivier nahm sich eine geschlagene Stunde Zeit, um uns anhand vieler Fotos auf seinem Laptop sowie mitgebrachten Mustern Anbau, Ernte und Verarbeitung in Brasilien zu erklären. Als Schoko-Genießer macht man sich zjm Beispiel kaum Gedanken darüber, dass Größe und Beschaffenheit der Holzboxen, in denen die Bohnen vor dem Trocknen fermentieren, erheblichen Einfluß auf deren Qualität haben. Auch konnten wir getrocknete Bohnen verschiedener Sorten probieren.
Die mittelalterlichen unterirdischen Gewölbe der Perugia-Festung Rocca Paolina – für diese Woche umgetauft in „Rocca Pralina“ – bot auch reichlich Raum für Ausstellungen und Präsentationen der Kakao-Produzenten. Schautafeln mit echten Mustern demonstrierten jeden Schritt von der Kakaofrucht bis zum fertigen Produkt.
Des weiteren wurden auch hier Schoko-Leckereien angeboten, ebenso Schokophernalia wie spezielles Kakaogeschirr und vor Ort von geschicker Hand aus original Kakaobohnen gefertigte Halsketten.
Trend Nr. 1: Schokolade & Chilis
Schon vor rund 9000 Jahren konsumierten die Menschen Chilis, und ab 600 v. Chr. kombinierten die Maya, später dann die Azteken, Chili und Schoko zu einem anregenden Getränk. Damals noch ohne Zucker und eher bitter – ein Trend, der heute bei der Schokolade wiederkehrt.
Nirgendwo konnte man dies besser sehen als hier in Perugia. Kaum ein Stand, der keine „Cioccolato al Peperoncino“ anzubieten hatte – die Auswahl rechts ist die Ausbeute eines einzigen Nachmittags! Hinsichtlich Aroma und „Biss“ gibt es allerdings ziemliche Unterschiede.
Die Kombination von Schokolade und Chilis war ein Hauptthema der Chokolate Revolution, undniemand präsentiert dieses Thema wohl besser als Eurochocolate Event-Entwicklerin Simona Rossi.
Perugia, Montagmittag – die Frisur hält. Jeden Tag überraschte Simona mit einer neuen Frisur aus reichlich Schokolade, garniert mit roten Schoten. „Das Schwierigste war, auf der Fahrt hierher im Auto nicht laufend ans Dach zu stoßen“ sagt sie. Und in die Sonne durfte sie auch nicht zu lange…
Sonne war auch kein Thema im Gewölbe der Rocca Paolina, und für den Chili-Part der Veranstaltung zeichnete die Accademia Italiana del Peperoncino verantwortlich, vertreten durch Massimo Biagi. In diversen Vitrinen brachte der Chili-Professor aus Pisa den Besuchern die Vielfalt der scharfen Schoten näher, und Mutige konnten auch davon probieren.
Dabei lernten sie wichtige Dinge, zum Beispiel dass Chocolate Habaneros trotz ihres Aussehens nicht aus Schokolade bestehen 🙂
„Aufgepepperte“ Schokolade war wie gesagt einer der großen Renner an den Eurochocolate-Verkaufsständen, wie hier bei Edelschoko- Hersteller Vannucci . Dessen hervorragende Cioccolato al Pepeproncino entdeckten wir bereits auf dem diesjährigen Peperoncino Festival in Diamante, und wer in den letzten Wochen eine Lieferung vom Pepperworld Hot Shop erhielt, fand darin mit Chance ein kleines kostenloses Täfelchen. Wir machten die interessante Beobachtung, dass die Peperoncino-Schoki von Vannucci im Gegensatz zu der ihrer Mitbewerber jeden Tag ausverkauft war.
Offensichtlich hatten wir da mal wieder den „richtigen Riecher“, denn in Zukunft wird es in unserem Shop auch feine Schokoladen von Vannucci zu kaufen geben. Da die Fabrik unweit von Perugia liegt, haben wir uns natürlich auch die Fertigung angeschaut.
Siehe Teil 2!