Die diversen Chili-Sorten und die daraus hergestellten Produkte zeichnen sich durch unterschiedliche Schärfe aus – je nach Capsaicin-Gehalt, gemessen in Scoville-Einheiten (Scoville Heat Units, kurz SHU). Wie aber ermitteln Wissenschaftler den Capsaicin-Gehalt und damit Schärfe-Grad der diversen Chilis?
Neu: Lesen Sie auch unseren „brandneuen“ Scoville-Beitrag 2012: 100 Jahre Scoville-Einheiten
Um für medizinische Präparate eine möglichst präzise Capsaicin-Dosierung zu ermöglichen, wurde das erste Messverfahren bereits 1912 ersonnen. Der Pharma-Wissenschaftler Wilbur L. Scoville (1865-1942) entwickelte hierzu eine „Heat Scale“, eine Art Thermometerskala für die „Hitze“ der diversen Chili-Sorten. Die Maßangabe erfolgt in nach ihrem Erfinder benannten Scoville-Einheiten. Gemessen wurde, in wie starker Wasser-Verdünnung die Schärfe des untersuchten Chilis noch spürbar war; hierfür mussten die Ergebnisse der Mehrheit der Testpersonen übereinstimmen. Brauchte es für 1 ml aufbereiteten Chili 10 Liter (10,000 ml) Wasser, bis die Schärfe verschwand, betrug die Schärfe 10,000 SHU.
Trotz des „Geschmackstests“ ging es beim „Scoville Organoleptic Test“ seinerzeit nicht um Lebensmittelprodukte, sondern Salben des pharmazeutischen Herstellers Parke Davis, die als Wirkstoff Chilis enthielten. Da diese je nach Sorte und Hekunft unterschiedlich scharf waren, musste die Dosierung entsprechend angepasst werden. Das ging nur, wenn man wusste, wie scharf sie waren.
Dies war mit Scovilles Test erstmals möglich. Im Jahre 1922 wurde der Forscher mit dem Ebert-Preis der American Pharmaceutical Association ausgezeichnet, 1929 erhielt er die Remington-Ehrenmadaille. Außerdem war er Ehrendoktor der Columbia University.
Heutzutage brauchen keine Testpersonen mehr zu leiden, und präziser wurde es auch: Wissenschaftler bedienen sich der HPLC-Methode (High Performance Liquid Chromatography); dabei misst ein hochempfindliches Gerät das jeder chemischen Verbindung eigene Lichtspektrum und errechnet daraus die Konzentration in mg/kg. Aktuell ist hier der ASTA-Standard 21.3.
Mit 15 (alt) bzw. 16 (aktueller Standard) multipliziert ergibt sich daraus der Scoville-Wert. Besonders im Lebensmittelbereich (und besonders in der in vergangenen zwei Jahrzehnten entstandenen Chilihead-Szene) sagt dieser Wert einfach mehr aus als die mg/kg-Angabe. Unter 180,000 Scoville-Einheiten kann sich der daran Interessierte einfach mehr vorstellen als unter 11181 mg/kg. So werden uns die nach dem guten alten Wilbur benannten Scoville-Einheiten wohl noch lange als Maß für die Chili-Schärfe erhalten bleiben.
HPLC-Messplatz in einem Lebensmittel-Labor
Die Scoville-Skala reicht von praktisch null für Paprika bis zu rund 300.000 für Habaneros. Einige Spezialzüchtungen übertreffen sogar noch diesen Wert; die Habanero-Spezialzüchtung „Red Savina“ wurde mit bis zu 575.000 Einheiten gemessen (dieser Wert konnte allerdings niemals auch nur annähernd reproduziert werden). Belegt ist aber ein Wert von rund einer Million SHU für den indischen Bhut Jolokia. Reines Capsaicin entspricht 15 Millionen SHU (alt) bzw. 16 Millionen SHU (aktueller Standard); einige Capsaicinoide haben weniger SHU.
HPLC-Diagramm einer Chili-Probe: Die Spitzen
geben die Konzentration der darin enthaltenen
Capsaicinoide an.
Die klassischeTABASCO.000 SHU; ein wenig davon pur auf einer Zahnstocherspitze probiert trifft die meisten Menschen schon wie ein Blitz. Es gibt allerdings noch wesentlich schärfere Produkte. Bei höheren SHU-Werten geht allerdings das Brennempfinden irgendwann in die Sättigung: Ähnlich wie der Schmerz einer 400 °C heißen Kerzenflamme oder einem doppelt so heißen Gasbrenner kaum unterschiedlich empfunden werden dürfte. Red Pepper Sauce liegt laut Hersteller zwischen 2,500 und 5,000 SHU.Vicious Vampire X-Treme Hot Sauce bringt es auf ca. 120
Sowohl in der Medizin als auch in der Küche wird die Chili-Schärfe aber wohldosiert eingesetzt. Unser Brenn-o-meter bietet eine Aufstellung von Chilis und Chili-Produkten nach Scoville-Einheiten kategorisiert.
Text und Bilder von Harald Zoschke