Naga Jolokia – Testanbau von Bhut Jolokia, Bih Jolokia und Naga Morich
Bhut, Bih, Morich…. laut unseren indischen Quellen einundderselbe Chili, andere Namen.
Gibt es Unterschiede? Um dies herauszufinden, haben wir alle drei Varianten angebaut.
Im Rahmen einer mehr als fünfjährigen Studie hat das Chile Pepper Institute der New Mexico State University eine Chilisorte vermehrt und untersucht, die sie unter dem Namen Bhut Jolokia erhielt (siehe unseren Bericht).
Direkt aus Indien kommen extrem scharfe Schoten unter dem Namen Bih Jolokia.
Und letztlich gibt es eine Variante aus England, die sich Naga Morich nennt.
Von allen drei Varianten stand uns Saat für den Pepperworld-Testanbau zur Verfügung, den wir 2007 durchführten. Hier die Ergebnisse.
Um unabhängig vom launischen Sommerwetter zu sein, erfolgte der Testanbau im Gewächshaus, für alle mit konstanter automatischer Bewässerung (mehr dazu hier)
Die Aussaat erfolgte Mitte März. Alle drei Varianten keimten zufriedenstellend und brachten vergleichbare kräftige Pflanzen hervor. So wie für die hier gezeigte Bhut-Jolokia-Jungpflanze wurde Anfang es Mitte Juni höchste Zeit zum Umpflanzen in größere Container. Dabei bekamen alle Kandidaten einen Langzeitdünger mit auf den Weg.
Ende Juli waren alle drei Testkandidaten gut mit Blüten bestückt (von links nach rechts Bhut Jolokia, Bih Jolokia, Naga Morich). Wie für Capsicum chinense typisch, bildeten sich drei bis fünf Büten pro Knotenpunkt. Bei Morich fiel auf, dass eine größere Vielzahl pro Knoten häufiger auftrat. Wird dies später auch zu mehr Früchten führen?
Wahrscheinlich haben die „Untermieter“ in unserem Gewächshaus (kleines Bild) kräftig geholfen, die Blüten zu bestäuben.
Mitte August zeigen jedenfalls alle drei Kandidaten bereits große Früchte. Von einer habe ich gleich mal leichtfertig ein großes Stück probiert – großer Fehler! Die Chilis haben bereits reichlich Capsaicin produziert, um sie vor Fraßfeinden zu schützen.
Auch wenn dies häufiger bei Naga Morich zu beaobachten war – die aus der CPI-Saat gezogenen Bhut Jolokia zeigten ebenfalls bis zu fünf Früchte per Knoten – auf die deutlich erkennbare Variation in der Form kommen wir noch zu sprechen.
Sind sie weitgehend ausgewachsen, durchlaufen die grünen Früchte aller drei Varianten einen interessanten Farbwechsel – zunächst werden sie dunkler, dann orange, und schießlich – Überraschung! – so richtig kräftig rot. Dies war für uns in der Tat interessant zu sehen, denn die aus Indien und USA zur Verfügung gestellten Bilder zeigten stets nur orangefarbene Chilis (in den Spezifikationen indischer Anbieter war allerdings „rot“ zu lesen).
Ende Oktober war dann Stichtag – die Container mit den Testpflanzen hatten ihren Fototermin im Freien – von links nach rechts Bhut Jolokia, Bih Jolokia, Naga Morich. Alle Pflanzen wurden etwa gleich hoch und ähneln sich stark im Wuchs, inklusive Verzweigung, Blattgröße usw. Während Bhutund Bih Früchte in ähnlicher Anzahl und vergleichbarer Größe hervorbrachten, fielen die Chilis derMorich-Pflanze kleiner aus – dafür waren es deutlich mehr, sodass die gewichtsmäßige Ausbeute bei allen dreien etwa auf Dasselbe hinauslief.
Dies bestätigt dann auch die Ernte…
Allen dreien gemeinsam sind auch die enormen Abweichungen in der Form der Früchte.
Während viele Chili-Sorten, zum Beispiel Jalapenos oder Orange Habaneros, weitgehend uniforme Früchte hervorbringen, bekommt man bei den scharfen Indern alle möglichen Formen an einundderselben Pflanze. Einige Früchte sind schlank, andere bauchig. Haben schmale oder breite Schultern. Einige sind an der Spitze abgerundet, viele laufen aber ausgeprägt spitz zu, verbunden mit schmaler Schulter.
Rein von der Form einer Chilischote ist es daher in diesem Fall offensichtlich nicht einfach, eine Sortenbestimmung vorzunehmen. Allen gemeinsam ist jedoch die unebene, blasige Oberfläche.
Kommen wir zu den „inneren Werten“. Der Aufbau – meistens drei manchmal vier Kammern, schlanke Zwischenwände – ist bei allen dreien weitgehend gleich. Gemeinsam ist ihnen auch, dass sie nicht sehr viel Saat produzieren – viele Früchte enthalten weniger als 20 Körner. EIn mühsames Geschäft für Saatproduzenten.
Was die Schärfe angeht, wurde kein HPLC-Test, sondern „nur“ eine Verkostung durchgeführt. Die Testpersonen waren sich einig, dass alle drei Varianten vergleichbar feurig waren; deutlich schärfer als alle bisher probierten frischen Chilis. Hier merkt man allerdings auch, dass das Schärfeempfinden ab einer bestimmten Schärfe in die Sättigung geht und Unterschiede nicht mehr wahrgenommen werden – ähnlich, als ob man senen Finger in eine Kerzen- oder Gasflamme hält.
Fazit
Soviel also zu unserem kleinen Vergleich. Zwar decken sich die Erkenntnisse mit denen von Freunden, die diese Chilis in diesem Jahr ebenfalls testweise angebaut haben. Trotzdem sind sie sind natürlich keinesfalls 100%ig repräsentativ; dafür müsste man von allen Kandidaten eine wesentlich größere Anzahl Pflanzen ausbringen, und dies womöglich über Jahre hinweg. Es sieht aber so aus, als ob zumindest Bhut Jolokia und (die uns zum Test zur Verfügung gestandene) Bih Jolokia weitgehend identisch sind. Dafür sprechen auch die getrockneten Schoten, die wir von indischen Anbauern (Bih) und vom Chile Pepper Institute (Bhut) erhielten. Nachdem Bhut Jolokia dank Chile Pepper Institute zu Guinness-Weltruhm gelangte, ist neuerdings auch in der indischen Berichterstattung alles nur noch „Bhut“. Bei Naga Morich scheint es gewisse Abweichungen zu geben, was die Häufigkeit einer hohen Anzahl von Blüten pro Knoten und die Größe der produzierten Früchte angeht. Eine im Vorjahr gezogene Morich-Pflanze (Saat aus derselben Originalpackung) brachte noch kürzere Früchte hervor, und noch zahlreicher (siehe Hauptartikel).
Eines ist allen dreien aber 100%ig gemeinsam: Die Chilis sind nicht nur extrem scharf, sie sind auch, wie obiges Foto zeigt, ein höchst dekoratives Mitglied der großen Capsicum-Familie.
One Comment
Peter
Hallo
seit zwei Jahren kultiviere ich diese Naga Jolokia und bekomme wunderschöne Früchte ohne besondere Pflege. Sie wachsen zusammen mit Habaneros und Jalapenos und eingen anderen Sorten, die ich von meinen Reisen mitgebracht habe. Unbestritten ist Ihre beißende Schärfe selbst in geringsten Mengen. Da ich aufgrund der zahlreichen Sorten den direkten Vergleich habe, zähle ich Jolokia zur eindeutig schärfsten Spezies, die bislang in meinem Garten wachsen …
Peter Nürnberg