Langer Pfeffer wurde von einem Feldherr und Eroberer nach Europa gebracht
Langer Pfeffer (Piper longum), häufig auch Stangenpfeffer oder Indischer Langpfeffer genannt, gehört als Art zur Familie der Pfeffergewächse (Piperaceae), als Namensgeber der gesamten Gattung Pfeffer (Piper) ist er gewissermaßen der Großvater der unter Scharfschmeckern heute so beliebten Einzelgewürze. Seit Alexander der Große die erste in Europa bekannte Pfefferart im 3. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung als Souvenir von seinen Indien-Feldzügen mit an das Mittelmeer brachte, war langer Pfeffer in Europa bis zu seiner fast vollständigen Verdrängung durch süd- und mittelamerikanische Pfeffersorten im 16. und 17. Jahrhundert ein von Griechen wie Römern in großen Mengen importiertes und wertgeschätztes Gewürz und Heilmittel. In seiner Heimat auf dem indischen Subkontinent wird Stangenpfeffer bzw. langer Pfeffer in den beiden drawidischen Sprachen Tamil und Malayyalam „Pippali“ genannt. Hierzulande vertreiben Groß- und Einzelhandel das Gewürz manchmal unter den alternativen Bezeichnungen Balinesischer, Bengalischer oder Jaborandi-Pfeffer, unterscheiden jedoch in der Regel nicht zwischen den beiden botanischen Arten Piper longum aus Südasien (Indien) und Piper retrofractum aus Südostasien (Indonesien und Thailand).
Komplexe Aromen und medizinische Wirkungen dank spezieller Inhaltsstoffe
Auch als Schokoladenpfeffer wird Stangenpfeffer mitunter beworben, dies durchaus passenderweise aufgrund der dominanten erdigen, süßlichen und warmen Obertöne in Geruch und Geschmack. Seine charakteristischen Aromen verdankt langer Pfeffer dabei natürlich seinen wichtigsten Inhaltsstoffen und deren prozentualer Relation zueinander. Langer Pfeffer besonders der Art Piper retrofractum weist dabei mit 6 % Piperin einen erstaunlich hohen und höheren diesbezüglichen Gehalt auf als schwarzer Pfeffer (Piper nigrum), dafür verfügt er mit lediglich ca. 1 % weitaus weniger ätherische Öle als seine Verwandten. Prägend für seine komplexe geschmackliche Präsenz sind darüber hinaus Guinesin, Filfilin, Methylpiperat, Piperlongumin, Sitosterol, Sylvatin und diverse piperinanaloge Verbindungen (Retrofractamide), sein Öl weist Ether sowie Sesquiterpen- und gesättigte aliphatische Kohlenwasserstoffe auf. Medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Xenotransplantationen im tierischen Modellversuch zufolge verfügt Piperlongumin potenziell sogar über anti-karzinogene Wirkung. Es konnte nachgewiesen werden, dass der Stoff in Laborversuchen im Reagenzglas Krebszellen selektiv abtöten kann und bei Mäusen das Wachstum von bösartigen Brusttumoren bremst.
Langer Pfeffer spielt in Curry- und Gewürzmischungen eine gewichtige Rolle
In der Küche findet langer Pfeffer als Gewürz hierzulande jedoch wegen seiner spärlichen Verbreitung nur noch selten Verwendung, Scharfschmecker können Stangenpfeffer jedoch mittlerweile problemlos im Internet bestellen, auch gut sortierte Lebensmittelläden mit asiatischen Produkten haben den Pfeffer Pippali häufig als Einzelgewürze im Sortiment. Ebenso gerne wird langer Pfeffer manchen Gewürzmischungen zugesetzt, so etwa häufig in aromatisch eher schweren und intensiven Chutneys, Currymischungen und Masalas, die seine starken und scharfen Geschmacksnoten gut in ihrer jeweiligen Kombination vertragen können. Langer Pfeffer ist dabei sehr ergiebig, er kann, ähnlich wie schwarzer Pfeffer mit der Pfeffermühle auch direkt über Speisen gemahlen werden, schon relativ geringe Mengen sind dabei meist ausreichend. Bestens harmoniert der scharfe und leicht süßsaure Stangenpfeffer auch als Zutat einer Marinade für eingelegtes Gemüse. Mit ihm lässt sich zum Beispiel die in der türkischen Küche unverzichtbare Vorspeise „Turşu“ aus in Salz-Essig-Lake gestapelten Auberginen, grünen Bohnen, Gurken Möhren, Paprika, Peperoni, grünen Tomaten, Topinambur und Kürbis gut verfeinern.
Stangenpfeffer wird gerade neu entdeckt und kann vielseitig eingesetzt werden
Anders als in Europa, wo Stangenpfeffer erst seit Kurzem langsam wieder entdeckt wird, ist er weder in Asien noch in Nordafrika jemals ganz verschwunden, sondern immer vielseitig eingesetzt worden. Dort ist er speziell in Marokko ein integraler Bestandteil der meist von Region zu Region leicht unterschiedlich hergestellten Gewürzmischung „Ras el-Hanout“ (Chef des Ladens) für Couscous und Fleischgerichte, die neben Stangenpfeffer u.a auch Muskat, Zimt, Anis, Gelbwurz, Chili, Lavendel, Ingwer, Nelken, Piment, Kardamom und Galgant beinhaltet. Im Zuge seiner sukzessiven Rückkehr in europäische Kochtöpfe entdecken Fein- und Scharfschmecker langen Pfeffer inzwischen für viele weitere Verwendungszwecke, sein leichter Nussgeschmack wird etwa zu Pastagerichten, Käsefondues, Steaks und Salaten empfohlen. Dabei sollten Hobbyköche jedoch unbedingt beachten, dass langer Pfeffer, je feiner er gemahlen wird, umso stärker seine intensive Schärfe entfaltet. Diese kann allerdings deutlich abgemildert werden, indem man die etwa streichholzlangen Fruchtstände als Ganzes in einer Soße mitgaren lässt. Dabei saugt sich langer Pfeffer mit Wasser voll, wird sehr weich und verliert an Schärfe, jedoch nicht an Aroma.
Gleichermaßen wertvolle asiatische Pfefferspezialität für Profis und Hobbyköche
Langer Pfeffer, lange Zeit in Vergessenheit geraten, und heute wieder als traditionelles und exotisches Gewürz von Gourmets weltweit geschätzt, verschwand seinerzeit vor allem wegen der im Anbau anspruchsloseren, robusteren und weniger pflegeintensiven Chilis aus Südeuropas Pfeffergärten. Das vorübergehend fast schon sträflich vernachlässigte Familienmitglied der Pfeffergewächse Piperaceae hat sich jedoch seinen Weg zurück in das kulinarische Bewusstsein gebahnt. Als Gewürz mit rauchigem und kräftigem Nachgeschmack verleiht langer Pfeffer und seine ganzen Pfefferfrüchte Soßen, Eintöpfen und gedünsteten Gerichten eine besondere Note. Grob gestoßen passt er auch sehr gut zu Wild, Lamm oder geräuchertem Fisch. Preislich ist langer Pfeffer heute meist noch ein wenig kostspieliger als schwarzer Pfeffer und die meisten anderen massenhaft verbreiteten Pfeffersorten. Geschmacklich lohnt eine solch kleine Mehrinvestition jedoch auf jeden Fall, verfügt Stangenpfeffer doch über detaillierte und ausbalancierte Aromen und Nuancen, die in anderen Pfeffersorten entweder gar nicht oder nur sehr viel schwächer vorhanden sind und sowohl in der authentischen als auch experimentellen Küche angenehm überraschende und neuartige Geschmackserlebnisse offenbaren.