Chili im Gewächshaus anbauen zur Saisonverlängerung
Teil 1: „Das Grüne“
Chilis brauchen warmes Wetter und vom Pikieren bis zur Ernte vergeht ein gutes Vierteljahr. Da Chiliheads in Norddeutschland klimatisch nicht gerade verwöhnt werden, ist der Bau eines Gewächshauses eine gute Option. Nach diversen Baumarkt-Besuchen und dem Studium zahlloser Hersteller-Kataloge entschieden wir uns für ein Modell der Firma Hunecke. Ist man direkt an der Küste salziger Meeresluft ausgesetzt, empfiehlt es sich, die Aluminium-Teile pulverbeschichten zu lassen, was zudem gut aussieht (leider aber auch nicht ganz billig ist).
Überraschung bei der Anlieferung: Alle Einzelteile kommen schön grün beschichtet, aber völlig unsortiert und ungekennzeichnet. Auf Nachfrage erfahren wir, dass die Lackiererei die im Urzustand nach Gruppen sortierten Teile ausgepackt, beschichtet und zusammengeworfen hat – man denkt sich ja sonst nichts. Das Sichten und Identifizieren der zum Teil sehr ähnlich aussehenden aber halt doch unterschiedlichen Teile kostet uns glatt zwei Tage. Dann aber geht’s los:
Bauphase 1: Fundament aus Gehwegplatten auf gestampftem Kies. Darauf der Alu-Fundamentrahmen. Genaues Arbeiten zahlt sich hier aus.
Bauphase 2: Metallbaukasten für Erwachsene. Dank werkseitig vorgefertigter gut durchdachter Profile kein Problem. Lediglich die Fenster wirken mechanisch nicht so durchdacht. Dieser Verdacht wird sich später noch bestätigen…
Bauphase 3: Verglasen mit Hohlkammer-Platten aus UV-festem Polycarbonat. Die Scheiben werden mittels rostfreier Stahlklammern befestigt.
Der Aufbau war im Großen und Ganzen unproblematisch. Wo wir in der Bedienungsanleitung steckenblieben, half uns der Hersteller am Telefon freundlich und kompetent auf die Sprünge. Egal, was ihr lest: Alles in allem sollte man für den Bau mindestens eine gute Woche veranschlagen. Auch wenn das Aufbauen Spaß macht, ist der Zeitaufwand nicht zu unterschätzen.
Die rund 300 Chili-Jungpflanzen atmeten auf, als sie endlich vom Wintergarten ins Gewächshaus umziehen durften. Hier kann nun auch in Ruhe in Container umgetopft werden, auch wenn’s draußen mal wieder regnet. Unser ganzer Stolz ist die Pflanze einer extrem seltenen Galapagos-Chilisorte (Bild rechts). Die Saat keimte erst, nachdem sie über Nacht in eine milde Guano-Lösung gelegt wurde.
Laut Hersteller sind Hohlkammerplatten (vorzugsweise 6mm) die optimale Verglasung, da sie bruch- und hagelsicher sind, die bestmögliche Temperatur-Isolierung sowie eine hohe Lichtbrechung aufweisen. Das Material absorbiert UV- und Infrarotstrahlen, sodass zusätzliches Schattieren nicht mehr erforderlich ist (dies war uns für die zarten Chili-Jungpflanzen wichtig, die unter unschattiertem Glas schnell schlappmachen). In der kälteren Jahreszeit spart man gegenüber Glas angeblich bis zu 40 % der Heizkosten.
Das Gewächshaus hat bereits diversen leichteren Frühjahrsstürmen ohne zu Murren getrotzt und die Chilis sowie Tomaten gedeihen prächtig.
Mit Einbruch des Sommers mussten wir feststellen, dass es im Haus ganz schön heiß werden kann. Nicht immer ist man dann gerade in der Nähe, um die Stellfenster zu öffnen. Glücklicherweise gibt es automatische Fensteröffner. Diese funktionieren mit einem temperaturempfindlichen Hydraulik-Zylinder (siehe Pfeil), der bis zu 6 kg heben kann. Die Gewächshausfenster sind natürlich wesentlich leichter.
Der Einbau dauerte 10 Minuten und ab 20 grad Celsius öffnen sich nun die Fenster wie von Geisterhand. Kosten pro Öffner ca. € 30.00/Stück.
Hier eine kleine Auswahl, was im Haus jetzt so wächst:
Bestäubungshelfer: Hummeln, Bienen und Schwebfliegen zieht es ins offene Gewächshaus
Und so sieht’s im Oktober aus – viele Chilis haben jetzt ihre perfekte Reife:
Besonders die Chilis aus heißen Gegenden wie Caribbean Red und Habanero profitieren gewaltig vom Treibhausklima. Ihre Kollegen im Freiland haben gerade erst grüne (und auch kleinere) Schoten. Besonders die Caribbean Red entwickelten zudem eine unglaubliche Schärfe, die an Red Savina heranreichen dürfte.
Es gibt allerdings auch Sorten, denen das erhöhte Nährstoffangebot des Freilandes wichtiger zu sein scheint als die Wärme. Zum Beispiel wurden die Schoten der Sorte Giant Jalapeno draußen im Hochbeet erheblich größer als im Gewächshaus und die Pflanzen zeigten sich ertragreicher. Auch dem Espelette aus dem dem französischen Baskenland gefiel es draußen besser.
Spätestens wenn Väterchen Frost anklopft, werden wir jedoch alle noch nicht abgeernteten Chili-Pflanzen ins Gewächshaus umquartieren…
Der Januar zeigt sich von der stürmischen Seite und die schlecht schließenden Fensterriegel entpuppen sich als Risiko: Der Wind öffnet ein Fenster, drückt es auf und bläst zwei Wandplatten sowie ein Dachpaneel aus dem Rahmen. Rechtzeitig erkannt, Gefahr mit wetterfestem Klebeband gebannt. Die Fensterriegel haben wir verstärkt. Gutes Geschäft für Hunecke: Zum erneuten Einsetzen der Scheiben benötigen wir neue Edelstahlklammern für 45€ – die alten finden wir dann im Sommer mit dem Rasenmäher.
Ground Zero auf Gärtner-Art: Das Hunecke-Gewächshaus vom Sturm dahingerafft. Wie man erkennt, wurde das Haus vom Fundamentrahmen gerissen und vom Sturm dann fachmännisch zerlegt. Nachdem der Sturm erstmal eines der Fenster rausblasen konnte, ging alles ganz schnell.
Ein orkanartiger Sturm aus nordöstlicher Richtung verursachte schwere Schäden in Norddeutschland und auch die Pepperweltler blieben nicht verschont. Mitten in der Nacht erwies sich die Alu-Konstruktion als zu windig für derlei Kräfte. Die Bilder sprechen für sich…
Fazit: Obwohl uns Fa. Hunecke vor dem Kauf versicherte, dass dieser Gewächshaustyp sogar auf Nordseeinseln zum Einsatz kommt, ist er nach unserer Erfahrung für’s sturmgebeutelte norddeutsche Flachland nicht so gut geeignet – vorsichtig formuliert.
Den Hersteller schienen die genauen Ursachen für das Versagen der Konstruktion nicht weiter zu interessieren. Zum Glück war das Gewächshaus versichert und das Neue ist bereits in der Planung.
Im diesem Zusammenhang unser Tipp: Meldet euer Gewächshaus nach Fertigstellung eurer Gebäudeversicherung, um es ggf. dort mit aufnehmen zu lassen. Näheres sagt euch euer Versicherungsbetreuer.
Hier geht’s zur Fortsetzung: Chili Gewächshaus: „Das Weiße“